Wanderung 9.9.2017: Vielfalt am Rande des Steigerwalds

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wandererVom Westen her zeigt sich der Steigerwald mit einem ausgeprägten Kammverlauf von seiner eindrucksvollsten Seite. Ab etwa Uffenheim bis Bad Windsheim wandern wir an seinen südlichen Ausläufern entlang.

Die Tour imponiert durch ständig wechselnde Vegetationsbilder. Sogar zwei Naturschutzgebiete tragen dazu bei. Mehrere Hutungen zeugen von einer jahrhundertelangen Weidewirtschaft. Am Weg sind auch einige charmante Weingärten. Grandiose Panoramen erfreuen zusätzlich das Auge. Gegen Ende spazieren wir noch durch den Kurpark und evtl. durch die Altstadt der ehemaligen Reichsstadt von Bad Windsheim.

Im von Wanderern wenig besuchten Gebiet treffen Wein- und Bierfranken auf Aischgründer Fisch und Gemüseanbau. Das Gesamtpaket des Wanderausflugs stimmt: üppige Natur, Tradition und Genuss für den Gaumen geben sich friedlich die Hand. Fränkischer geht’s wohl kaum. Für jeden Geschmack ist etwas dabei.

 

Wann hin?

Wir unternehmen den Ausflug am 09. September 2017. Wer Interesse hat, sollte sich bis spätestens um 08.50 Uhr am Südausgang des Nürnberger Hbf. einfinden. Zugstart ist um 09.05 Uhr auf Gleis 13, Abschnitt C-F. Halt in Fürth um 09.10 Uhr.

Wir fahren mit der R 1 bis Iphofen. Dort steigen wir in einen Bus der Freizeitlinie 109 (Bocksbeutel-Express) um. Reservierung ist hier Pflicht! Dem komme ich mit der Anmeldung eines 12-Personen-Kontingents nach. Das sollte genügen, so dass keine Vorab-Zusagen nötig sind. Das erforderliche Tages-Ticket-Plus, Preisstufe 10 lösen wir kurz vor der Abfahrt. Keine Extra-Gebühr für den Bustransfer! Darunter fallen auch alle Abos!

Anforderungen

Erstmals kratzen wir fast an der 20-Kilometer-Marke (Bei Wegfall des Stadtbummels: 18 Km). Die Steigungen sind meist gnädig. Insgesamt sind es nur etwa 150 Hm. Richtig spürbar sind davon 60 Steigmeter gleich am Anfang. Die restlichen Höhenmeter fordern uns nur moderat und „kleinportioniert“. Fazit: Ausdauer und eine mittlere Gehtüchtigkeit sollte aber vorhanden sein!

Einstimmung und Details

Wir starten in Weigenheim. Die vielen Winzerhöfe im Ort beweisen, dass hier der Wein den Takt angibt. Am Siedlungsende nehmen wir Kurs auf einen vorgeschobenen Buckel des Steigerwalds. Ein elastischer Pfad bringt uns im steilen Wiesengelände in die Höhe.

Oben Weitwinkelpanorama. Ein Landschaftsbild zum Sattsehen. Mächtig breitet sich die langgezogene Steigerwaldstufe vor uns aus. Ihre Steilhänge sind im Wechsel mit Wald und Reben besetzt. Davor prägen Felder und Wiesen das Gesicht der Landschaft. Die Schau ist ausgewogen schön, ja „paradiesisch“ schön. Man kann verstehen, warum die Region mit dem Motto <Weinparadies Franken> werbewirksam punkten will.

Wir laufen über das baumlose Plateau zur Südseite. Und schon wieder erleben wir Musik für die Augen. Direkt vor uns ein lieblicher Hang voller Rebstöcke. In der Ferne breitet sich ebenes Vorland aus und unter uns unterbricht das breite Gollachtal die Barriere des Steigerwalds. Man schaut auf die Puppendörfer, bis alles in einem blauen Horizont verschmilzt. Nicht umsonst wird an dieser exponierten Stelle jährlich ein Sonnwendfeuer der Superlative angezündet (ein super Tipp!).

Fortan wandern wir durch ein kleines Stück Weinfranken. Lediglich etwa 5 % der fränkischen Anbauflächen liegen in Mittelfranken. Die meisten Winzer betreiben den Weinanbau im Nebenerwerb. In der Regel besitzen sie nur kleinere Flurstücke und die Trauben werden meist noch per Hand gepflückt. Maschinengerechte Weinberge zum Zwecke der Gewinnmaximierung sind daher eher selten. Dies tut dem Bild der Rebgärten richtig gut. Irgendwie wirken sie „unaufgeräumt“ und haben Charme.

Unsere Route zieht zunächst am oberen Rand der Weinlagen entlang und quert sie später. Ab und an kommen wir an Bretterhütten vorbei, in denen Winzer vespern oder Schutz vor Regen suchen. Gemütliches Vorwärtskommen zwischen den Rebzeilen. Wir durchmessen u.a. die Weinlage Ulsenheimer Huttenberg. 20 Minuten später können wir ihre Weine bei der Mittagseinkehr testen.

Eine „fränggische Wärdschafd“ mit gewachsener Gastlichkeit erwartet uns. Die Meyers sind schon seit dem 17. Jahrhundert Wirte und waren lange zugleich Bierbrauer. Heute hat man sich auf trockene Eigenbauweine verlegt. Das Bier kommt jetzt aus Unterfranken von der Brauerei Kesselring. Das mehrfach behutsam renovierte Haus hat von außen seinen rustikalen Charakter behalten. Das Innere zeigt dagegen ein klassisch-elegantes Ambiente. Toller Innenhof mit schönen Außenplätzen.

Das Essensspektrum der Weinwirtschaft reicht von deftig fränkisch über mediterran bis international extravagant. Ein Schwerpunkt der Küche liegt in den „r“-Monaten auf der Zubereitung von Karpfen. Neben den Klassikern (gebacken und blau) gibt es den Aischgründer geräuchert und als Filet auf Cocos-Currysoße. Ein Geschmacks-Erlebnis! An unserem Wandertag ist das Angebot leider etwas eingeschränkt und mit anderen Schwerpunkten. Grund: man feiert das Kirchweihfest!

Nach der Kulinarikpause inspizieren wir den Ort. Auffallend: Straßennahmen fehlen, nur Nummern dienen der Orientierung. Schönes Kirchenareal. Im Hof eine lädierte Glocke auf einem Steinpodest. Darunter das Schild „12. April 1945“. Es erinnert an den dunkelsten Tag in der Geschichte von Ulsenheim. Man staunt: Bei einem Luftangriff wurden 80 % (!!!) der Gebäude zerstört. Eine Brücke bringt uns über die renaturierte Gollach. Schilf wiegt sich jetzt wieder im Wind hin und her. Eine Steinanordnung im Boden macht neugierig. Es sind historische Grenzsteine. Sie zeigen eine stark verkleinerte Nachbildung der Gemarkung. Feldgeschworene oder „Siebener“ (Zahl eines Gremiums) überwachten über Jahrhunderte die Grenzverläufe zu den Nachbargemeinden.

Für längere Zeit übernimmt jetzt wieder die Natur das Kommando. Den Anfang macht eine wunderschöne Wacholderheide. Stoisch recken sich dunkle Wacholderbüsche gen Himmel. Tiefgrüne Pigmente im sandfarbenen Trockenrasenteppich. Das Zypressengewächs gaukelt südländische Gefilde vor. Im Wortsinn „formgebend“ sind die „lebenden Rasenmäher“. Nur wenn Schafe regelmäßig die Flächen beweiden, entsteht eine solch stimmungsvolle Heidelandschaft. Grund: der giftige Gemeine Wacholder wird von den „Landschaftspflegern“ verschmäht und kann ungestört gedeihen. Die Hutung hat den Status eines Naturschutzgebiets!

Die Route erreicht eine weitere mittelfränkische Weinanbaufläche (Weinlage Ergersheimer Altenberg). Auch hier präsentieren sich die Rebgärten kleinteilig. Artenreiche Wiesen haben dazwischen noch ihren Platz. Farbenprächtige Schmetterlinge danken es. Lustig schaukeln sie über das unbereinigte Gelände. Ein friedliches Bild.

Auf den nächsten Kilometern kommen nicht nur Naturschwärmer, sondern auch Weitsi(ü)chtige auf ihre Kosten. Permanent zeigt sich das breite Aischbecken zur Rechten. Im Hintergrund grüßen die sanften Hügelketten der Frankenhöhe. Die Augen wandern über alle Schattierungen vom Grün über Gelb und Braun der Felder bis zum Blau (oder Grau?) des Himmels. Ein Hangweg macht`s möglich. Es geht stets erhöht am Waldrand entlang. Buschgesellschaften bilden seinen Saum. Traumhafte Heckengassen und -tore wechseln sich virtuos ab. Ergänzt wird das Ganze durch interessante Bodenaufschlüsse und alte Hutungen. Ein letzter Weinberg liegt an der Wegstrecke. Er ist der Urigste und Wildeste unserer Tour. Einige Parzellen wurden sogar schon aufgegeben.

Dem Trauf des Steigerwalds kehren wir den Rücken zu. Markanter Vegetationswechsel. Wir lassen uns auf eine höchst eigenwillige Landschaft ein. Eine Waldsteppe empfängt uns. Der Boden ist mit sehr hohem Gras bewachsen. Buschige Stockaustriebe haben es schwer, sich zu behaupten. Locker verteilen sich größere Einzelbäume. Wir bewegen uns in einem unter Naturschutz stehenden Mittelwaldgebiet. Sein charakteristisches Aussehen bekommt er dadurch, dass Rechtler periodisch das Unterholz des Laubwalds einschlagen (auf Stock setzen), das Oberholz aber schonen. Stockaustrieb und Flugbesamung sorgen dann für eine natürliche Verjüngung. Der eigentliche Wert des Mittelwaldes liegt in seiner ungeheuer großen Artenvielfalt.

Mitten in dem eingenartigen Gelände fühlen wir uns weit weg vom Alltag. Nur selten verlieren sich Wanderer hierher. Wir spielen Bahnbrecher bzw. Pfadfinder. Nach etwa 500 m ist es geschafft: endlich ein angenehmener Steig und eine vertraute Waldoptik. Am Rande einer kleinen Schlucht geht es stramm hinunter. Ein altes Steinkreuz mit einer Moosmütze steht rührend am Wegesrand: es erinnert an einen tragischen Unglücksfall. Dann folgt ein klasse Hutewald mit parkähnlicher Struktur. Großkkronige Eichen bilden einen grünen Baldachin. Die Baumpersönlichkeiten besitzen eine eigene Schönheit. Das Wandern auf der grasigen Trasse durch ein Spalier von uralten Bäumen ist faszinierend. Flirrendes Licht spiegelt sich in einem Teich. Nach der befremdlichen Wirkung des Steppengeländes ist der Eichenhain der liebliche Gegenpol!

Straßenüberquerung. Bis zum Kurpark bekommen wir fortan offenes Land geboten. Langeweile kommt jedoch keine auf, da der Weg quasi grün “eingehaust” ist! Eine enge und lauschige Sträucher- und Baumgasse schirmt uns von den langweiligen Agrarflächen ab. Die Parkanlagen selbst sind - wie überall üblich – streng abgezirkelt, dennoch schön anzuschauen.

Je nach Gusto wählen wir die Schlusseinkehr aus. Sowohl in den Parkanlagen als auch unmittelbar um den Bahnhof herum haben wir dazu jede Menge an Möglichkeiten. Eine Einkehr in einem Brauereigasthof wäre jedoch für die Wanderung das i-Tüpfelchen. Zum einen würde es zum Motto des Ausflugs passen, zum anderen hätten wir dadurch die Gelegenheit, einige schöne Winkel von Bad Windsheim kennenzulernen.

Deshalb: Bad Windsheim hat im Zentrum der Altstadt eine Brauerei mit angeschlossener Gaststätte zu bieten, die jeden Bierfreund das Herz höher schlagen lässt. Sie vermittelt fränkische Brauereigastlichkeit in reinster Form. In der urigen Stube fühlt man sich schnell pudelwohl. Man ist bestens umsorgt von Zapfhahn und Küche. Zum Bier mit Eigennote werden allerdings in erster Linie nur Brotzeiten gereicht.

Wann zurück?

Ankunft ist in Nbg.Hbf um 19.54 Uhr. Da stündlich ein Zug fährt, wäre eine frühere Rückkehr möglich!

Hinweise

  • Der Busunternehmer verlangt, dass größere Gruppen sich zwei Tage vorher anmelden. Sollten die Wetterprognosen miserabel sein, so werde ich die Reservierung stornieren. Darum bereits am Do.-Abend die Vereins-Homepage studieren. Eine Absage (nur die) würde dort erscheinen.

  • Hunde haben sowohl im Weinlokal als auch in der Brauereigaststätte Zutritt.

  • Einige Graspassagen verlangen bei Feuchte dementsprechendes Schuhwerk. Kopfbedeckung? Nur wenige schattige Wegstrecken!