Am Freitag 4.4. war es soweit. Das entscheidende Abstiegsduell meiner 5ten Mannschaft in der 8.Runde der Kreisliga 1 gegen Zabo 3 stand bevor. Würden wir gewinnen, wären wir durch, im Verlustfall unten durch. Wie immer, wenn es um ein Entscheidungsspiel ging, wurde ich aussortiert, d.h. wir spielten in stärkster Besetzung.
Ich durfte aber als Trostpflaster in der 4ten Mannschaft Ersatz spielen, die einen glänzenden Durchmarsch durch die K1 hingelegt hatte. Da meine Mannschaft einen Heimwettkampf hatte, die Dyroff-Truppe aber auswärts bei Loni Tarrasch üblerte, drohte ein Desaster: Abstiegskampf und kein Bericht von mir. Doch es kam anders.
Die erste freudige Überraschung erschien in der Gestalt von Pascal Siegl, der Heim, Herd und Familie verlassen hatte, um in der Fremde die 4te Mannschaft zu unterstützen. Als nächstes freute ich mich darauf, mit einem Anwaltskollegen mal außerhalb des Gerichtssaals die Klingen kreuzen zu dürfen.
Was schreibt der da, wird sich jetzt mancher Leser fragen? Was hat das alles mit Geschwindigkeit zu tun? Immer mit der Ruhe, das Tempo kommt schon noch. Ich muss manchmal eben langsamer schreiben, weil ich auch an diejenigen denken muss, die nicht so schnell lesen können.
Mein Gegner zog d4 und in meinem Kopf breitete sich blitzartig (Überschrift!) ein Variantenmischmasch aus sämtlichen Schwarzsystemen aus, die ich alle nicht kannte. Als ich nach mühsamen Ringen etwas Ordnung in mein Gedankenchaos gebracht hatte, sah ich auf und vermisste Valentin Krasotin. Besorgt fragte ich nach, wurde aber schnell beruhigt: Valentin hatte gewonnen und war schon auf dem Weg nach Hause. Man hatte vergessen ihm zu sagen, dass es ein Kreisligawettkampf war und kein Blitzturnier (Überschrift!).
Mein Gegner bot mir zur Halbzeit Remis an, nachdem ich unter Bauernopfer auf Angriff gekommen war. Zwei kurze Telefonate mit der Anwaltskammer und dem Kammerpräsidenten, der uns ermahnte, das Bild der Anwaltschaft in der Öffentlichkeit nicht zu beschädigen, und ich verzichtete auf jede weitere verbale, körperliche und spielerische Attacke und nahm das Angebot an. Der Vorteil war außerdem, dass ich noch zu meiner Mannschaft fahren konnte, um die Nichtberichtsdrohung abzuwehren. Ich schwang mich auf meine Rennmaschine (7 Gänge! Früher hatte man nur 3 – Wahnsinn) und sauste geölt ins Südstadtforum (Überschrift!). Später erfuhr ich, dass nur das erste Brett und ich gegen die starken Tarrascher ein Remis geschafft hatten. Der Rest? Na gut, alle anderen haben gewonnen.
Als ich ins Spiellokal kam, stand es 3:0 für uns. Mikhail Petrov war schon weg (Überschrift!), Claudiu Bala im Aufbruch (Überschrift!) und der Gegner von Hans Fuchs hätte wohl am liebsten den Mantel des Schweigens über seine Partie gelegt. Dem gilt es entgegenzuwirken. Hier sind die wenigen Züge (Überschrift!) der Partie: e4 e5, Lc4 Sf6, Sc3 c6, d3 d5, exd cxd, Lb5+ Ld7, Sf3 Lxc5, Sxc5 Da5.
Trotz des Blitzsieges ging Doc nicht nach Hause, da er schon einmal beim Stande von 3:0 die Mannschaft verlassen und die dann noch verloren hatte.
Ich sah mir die anderen Partien an. Vyacheslav war dabei, nicht nur seine Frisur, sondern auch seine Stellung zu ruinieren. Bajram stand auf Gewinn, Raul unklar, Fritz wie Fritz. Er und sein Gegner, Adelbert Röckl, hatten die messerscharfe Eröffnung Sf3 Sf6, c4 c5 gewählt. Henri hatte Aylin Albayrak als Gegnerin und spielte diesmal nicht Kavalier, sondern mit breiter Brust Orang-Utan. Seine Angriffsstellung war einfach nur schön.
In der Zwischenzeit kam Fritz zu mir und fragte wegen Remis. Trotz des Gemurmels auf der Galerie, es wäre Fritzens beste Stellung in der Saison, war ich über das Remis froh. 3 ½ und Bajram stand immer noch auf Gewinn. Der Geschwindigkeitsrausch drohte in Langeweile abzugleiten. Da begann Bajram Nachtschicht zu spielen. Doc und ich kamen ins Schwitzen. Aus den Augenwinkeln merkte ich, dass Henri an seiner Brille rückte. Das bedeutete Gefahr. Ich eilte ans Brett. Seine Gegnerin hatte mit einem harmlos aussehenden Anfangszug eine starke Verteidigungs-/Angriffs-Kombination vorbereitet. Meine Schweißperlen vergrößerten sich. Aber Henri blieb cool. Mit Pokerface und Drahtseilnerven setzte er seinen Angriff durch und gewann. GESCHAFFT. Das Abstiegsgespenst war gebannt. Raul übernahm diesmal die Rolle des caballero und remisierte gegen Vanessa Lange. Bajram schaltete von Nachtschicht auf Spätschicht um und gewann ebenfalls. Vyacheslav spielte seine Stellung einschätzungsgemäß zu Ende. 6:2 das Endergebnis. Ein Traum.
Wie angekündigt fuhr ich um den Plärrer Fahrradkorso, leider solo. Die Polizisten, die den Alkoholtest von 0,0 Promille ungläubig betrachteten, tippten auf eine anderweitige Störung der Geistestätigkeit und ließen mich weiterfahren.
Zu Hause belegte ich eine Scheibe vegetarischen Mischbrotes mit Schinkenspeck, öffnete eine Flaschen Pfälzer Grauburgunder 2013 aus dem Hause Kesselring (eine gelungene Antwort auf die italienische Pinot-Grigio-Schwemme) und bereitete gegen meinen Schachcomputer einen Scheidungsantrag vor. Sein Gelächter über meine Eröffnungsbehandlung raubte mir den verdienten Schlaf.
W.B.
3 | SW Nürnberg Süd 5 | DWZ | - | Zabo-Eintracht Nürnberg 3 | DWZ | 6 - 2 | ||
1 | 1 | Petrov, Mikhail | 1931 | - | 1 | Mantel, Ruben | 1654 | 1 - 0 |
2 | 2 | Babichev, Vyacheslav | 1686 | - | 2 | Schwegler, Benjamin | 1720 | 0 - 1 |
3 | 3 | Fuchs, Johann, Dr. | 1897 | - | 4 | Mantel, Hubert | 1654 | 1 - 0 |
4 | 4 | Osuna Sanchez-Infante, Raul | - | 5 | Lange, Vanessa | 1549 | ½ - ½ | |
5 | 5 | Bala, Claudiu | 1754 | - | 6 | Baumgartl, Michael | 1621 | 1 - 0 |
6 | 6 | Berntgen, Henri | 1638 | - | 7 | Albayrak, Aylin | 1478 | 1 - 0 |
7 | 7 | Kirch, Fritz | 1661 | - | 8 | Röckl, Adelbert | 1556 | ½ - ½ |
8 | 8 | Llugiq, Bajram | 1687 | - | 9 | Albayrak, Atilla | 1344 | 1 - 0 |
Schnitt: | 1750 | - | Schnitt: | 1572 |
Mannschaft | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | MPkt | BPkt | |
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1. | SW Nürnberg Süd 4 | ** | 4½ | 5 | 7 | 6½ | 5 | 5½ | 6 | 21 - 0 | 39,5 | |
2. | SC Postbauer-Heng 2 | 3½ | ** | 4 | 5 | 5 | 5 | 5 | 5 | 16 - 4 | 32,5 | |
3. | SK Zirndorf 2 | 3 | 4 | ** | 4½ | 4½ | 4 | 5 | 4½ | 14 - 5 | 29,5 | |
4. | SG M-R/Schwabach 2 | 3 | 3½ | ** | 4 | 6 | 5½ | 4½ | 4 | 11 - 8 | 30,5 | |
5. | SC Noris-Tarrasch Nürnberg 6 | 1 | 3½ | 4 | ** | 4½ | 2 | 4 | 4½ | 8 - 11 | 23,5 | |
6. | SW Nürnberg Süd 5 | 1½ | 3 | 4 | 2 | 3½ | ** | 4½ | 6 | 7 - 13 | 24,5 | |
7. | Zabo-Eintracht Nürnberg 2 | 3 | 3 | 3 | 2½ | 6 | 3½ | ** | 2 | 5½ | 6 - 18 | 28,5 |
8. | SK Nürnberg 1911 3 | 2½ | 3 | 3½ | 3½ | 4 | 6 | ** | 4 | 5 - 14 | 26,5 | |
9. | Zabo-Eintracht Nürnberg 3 | 2 | 3 | 4 | 3½ | 2 | 2½ | 4 | ** | 2 - 17 | 21,0 |